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15.07.2015: Bewertungsportale wie Jameda, Sanego, etc. – Rechtsschutz gegen negative Ärzte-Bewertungen im Internet, Teil 1

Teil 1: Arztbewertungen können das Persönlichkeitsrecht verletzen – Meinungsäußerungen und ehrverletzende Tatsachenbehauptungen

Wer einen Facharzt oder Allgemeinmediziner sucht, informiert sich häufig zuerst im Internet. Neben der örtlichen Nähe und den Sprechstundenzeiten spielen Erfahrungsberichte und Bewertungen anderer Patienten eine zentrale Rolle. Bei der Suche landet der Nutzer häufig auf
Bewertungsportalen.Die bekanntesten Bewertungsportale für Ärzte sind Jameda, sanego, DocInsider, und weisse-liste.

Die Strahlkraft einer Bewertung im Internet ist wegen der unbegrenzten Zahl an potentiellen Nutzern besonders hoch, vorallem durch die Auffindbarkeit der Bewertungen über die Google-Suche.

Ein Patient wird sich in aller Regel nicht für einen Arzt mit vielen schlechten Bewertungen entscheiden, wenn er die Wahl zwischen mehreren Ärzten hat. Positive Bewertungen steigern natürlich die Anziehungskraft eines Arztes und wirken sich in der Folge positiv auf die wirtschaftlichen
Verhältnisse des Arztes aus.

Bewertungsportale besitzen daher inzwischen eine enorme – vor allem wirtschaftliche – Bedeutung, sowohl für Patienten als auch für Ärzte.

Daneben gibt es auch Bewertungsplattformen für zahlreiche andere Berufsgruppen, wie Rechtsanwälte, Handwerker, Friseure, Lehrer, Restaurants, Hotels, etc., für die die nachfolgenden Ausführungen ebenfalls gelten.

Persönlichkeitsrechtsverletzung durch falsche oder ehrverletzende Bewertungen

Wegen der negativen wirtschaftlichen Folgen, ist nicht verwunderlich, dass sich Ärzte zunehmend gegen falsche und beleidigende Bewertungen zur Wehr setzen und vor Gericht ziehen.

Anonyme Bewertungen – Identität des Nutzers ist dem Arzt unbekannt

Einige Bewertungen sind gänzlich oder teilweise falsch oder enthalten ehrverletzende Inhalte. Dadurch, dass die Bewertung anonym oder unter einem Pseudonym vorgenommen wird, ist die Identität des jeweiligen Nutzers dem bewerteten Arzt in der Regel unbekannt. Die Anonymität ist
ausdrücklich durch das Telemediengesetz erlaubt, um eine ungehemmte Bewertung zu ermöglichen. Bei Ärztebewertungen speziell ist die Anonymität im Interesse der Patienten bei solchen sensiblen Daten im Zusammenhang mit ärztlichen Behandlungen angezeigt um die eigene Krankheitsgeschichte vor der Öffentlichkeit zu schützen.

Verbunden mit der Anonymität ist auch das Missbrauchspotential im Vergleich zu offenen Bewertungen erheblich gesteigert.

Wie sind die Spielregeln im Umgang mit negativen Bewertungen? Es gelten die Regeln, die Gerichte für Meinungsäußerungen aufgestellt sind. Hier der Überblick:

Interessenabwägung zwischen Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrecht

Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Arztes ist immer dann anzunehmen, wenn die Interessen des verletzten Arztes gegenüber den Interessen des Nutzers und der Öffentlichkeit überwiegen. Es ist also eine Interessenabwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Arztes aus Art. 2 Abs. 1, Art 1 Abs. 1 Grundgesetz und dem Recht auf freie Meinungsäußerung des Verfassers aus Art 5 Abs. 1 Grundgesetz vorzunehmen.

Die Meinungsfreiheit genießt im Grundgesetz überragende Bedeutung und ist Notwendigkeit für eine freiheitlich-demokratische Grundordnung. Das Recht der Meinungsfreiheit umfasst Wertungen, Meinungen und Tatsachenbehauptungen mit Meinungsbezug. Meinungsäußerungen sind wertende Aussagen und geben nur die individuelle Ansicht wieder. Tatsachenbehauptungen beruhen auf nachweisbaren Tatsachen.

In der Interessenabwägung müssen alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden. Je intensiver die Äußerung wirkt, desto eher überwiegt das allgemeine Persönlichkeitsrecht. In Fällen, in denen die Meinungsfreiheit überwiegt, muss der Arzt auch eine schlechte Bewertung dulden.

Falsche Tatsachen und Schmähkritik verletzen stets das Persönlichkeitsrecht

Stellt sich die behauptete Tatsache, z.B. über die Behandlungsmethode und Diagnose als falsch dar, ist von vornherein keine Abwägung notwendig, da falsche Behauptungen nicht von Art. 5 Grundgesetz geschützt sind. Das Persönlichkeitsrecht ist durch Falschbehauptungen immer verletzt.

Meinungsäußerungen, die an sich nicht beleidigend wirken, die aber auf unwahren Tatsachenbehauptungen beruhen, beeinträchtigen das Persönlichkeitsrecht in gleicher Weise wie unwahre Tatsachenbehauptungen selbst und verletzen das Persönlichkeitsrecht ebenfalls.

Sogenannte „Schmähkritik“ verletzt stets das Persönlichkeitsrecht. Unter „Schmähkritik“ werden Meinungsäußerungen gefasst, die bewusst unsachliche Herabwürdigungen enthalten.

Lesen Sie auch Teil 2 unserer Reihe.

Rechtstipps und Urteile

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